Katholischer Pflegeverband

Appell zur Selbstpflege

von Marcus Seitel

In einer Arbeitsgruppe unseres Pflegeverbands arbeiten wir gerade am Thema „Pflege­verständnis“. Was meinen wir eigentlich damit, wenn von Pflege die Rede ist? Es wird schon schwierig, wenn man fragt, wo gepflegt wird: in Altenheimen, Krankenhäusern, Behinderten­einrichtungen, zu Hause, auf der Straße und an vielen anderen Orten.

Nicht einfacher wird es bei der Frage, wer denn pflegt: Examinierte, Studierte, Schüler, Angehörige, 3-Jährige, 1-Jährige und viele mehr. Vollends unübersichtlich wird es, wenn man sich die Aufgaben­felder der Pflegenden anschaut: die Arbeit am Bett, wie man so sagt; wissen­schaftliches Arbeiten in den unterschiedlichen Studiengängen, Beratung an allen möglichen Orten, zu allen möglichen Themen und so fort.

Was also verstehen wir unter Pflege? Und einen Schritt weiter: was verstehen wir als katholischer Verband unter christlicher Pflege, falls es diese überhaupt gibt?

Wer am Aschermittwoch einen katholischen Gottesdienst besucht, empfängt für gewöhnlich das Aschenkreuz. Der oder die Austeilende spricht dabei ein Wort aus der Frohen Botschaft nach Markus­: „Kehr um und glaube an das Evangelium.“

Zu Beginn der Fastenzeit, direkt nach der Fastnacht und noch gar nicht so lange nach Weih­nachten, denkt man ja erst einmal an Buße und Verzicht. Sicher ein nicht unwesentlicher Aspekt. Im Evangelium lesen wir aber auch: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ – Und was soll das hier heißen? Pflege, noch dazu eine christliche, braucht als wichtiges Element die Selbstpflege: „…wie Dich selbst.“

Ein Kollege erzählte mir vor einigen Tagen, dass ihm die Arbeit zur Zeit so schwer falle, weil er keine Dankbarkeit und keine Wertschätzung spüre. Er hetze sich ab, um seine Patienten gut zu versorgen, und muss sich dafür noch von Angehörigen anmeckern lassen. Davon können die meisten unter uns wohl ein Lied singen.

Spätestens dann wird es Zeit, sich das Jesuswort ins Gedächtnis zu rufen: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ In einem Beruf wie dem unseren, in dem es ursprünglich um Menschen, nicht um Zahlen und Bilanzen ging, geht es nicht, ohne auf sich selbst zu schauen. Ob wir wollen oder nicht, wir geben in unserem Tun an den Menschen immer ein Stück von uns selbst. Auf Dauer gelingt das aber nur, wenn umgekehrt wir beschenkt wer­den. Das ist kein Egoismus oder Narzissmus, das ist die Erfahrung von allen, die mit ande­ren Menschen zu tun haben. Wer ständig auf Hochtouren läuft, muss sich nicht wundern, wenn der eigene Akku irgendwann leer ist.

Sicher, Dankbarkeit und Wertschätzung durch die Pflegeempfänger und die Angehörigen lassen sich nicht einfordern. Selbst der Dank der Kolleginnen und Kollegen ist einem nicht gewiss, wenn man mal wieder mehr tut als Dienst nach Vorschrift; von der Anerkennung durch die Vorgesetzten ganz zu schweigen.

„Pflege hat Wert“, so lautete die Kampagne von Diakonie und Caritas im letzten Sommer. Dieses Motto sagt aus, dass wir Pflegenden Wert haben, wir sind wertvoll, eine jede und ein jeder von uns. Und was oder wer einem wertvoll ist, behandelt man pfleglich.

„… wie dich selbst“ heißt also, dass wir gut um uns selbst schauen müssen und das auch dürfen. Wir brauchen Orte, an denen wir auftanken können; an denen wir Dankbarkeit und Wertschätzung spüren, die den eigenen Vorrat neu befüllen. Wir brauchen Zeiten und Orte der Selbstpflege.

Wer sich selbst beschenkt weiß, wer selbst Dankbarkeit und Wertschätzung erfährt, kann diese wieder weitergeben an jene Menschen, die ihm anvertraut sind – so dass alles Arbeiten und Tun letztlich in den Dank DEM gegenüber mündet, der uns an unseren Platz im Leben ge­stellt hat.

„Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ Es ist mein Wunsch, um nicht zu sagen Appell: Christliche Pflege braucht die Selbstpflege, auf dem Boden der Heiligen Schrift: „Kehre um und glaube an das Evangelium“. In diesem Sinne lautet die Hausaufgabe: Jeder nennt 5 Orte der Selbstpflege, die er oder sie selbst besucht hat.

About:

Marcus Seitel

ist Gesundheits- und Krankenpfleger und Dipl.-Theologe.

Im KPV vertritt er die Landesgruppe Baden-Württemberg als Delegierter und arbeitet in verschiedenen Arbeitsgruppen auf Bundesebene mit.

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